|

"Kanusport für die ganze Familie"

Kinder lernen beim Tag der offenen Tür des Paddelsportvereins Störtebeker die Vielseitigkeit des Sports kennen
von Gerald Wessel 29. Mai 2017 Stadtteil-Kurier Horn-Lehe

Foto: Petra Stubbe - Weser Kurier

Für Kinderaugen wirkt es gar im ersten Moment gewaltig. Das hier durchs Städtische fließende Teilstück der kleinen Wümme wird seinem Namen eigentlich gerecht. Es ist klein, aber für die allerjüngsten Besucher im Grundschulalter, die beim Tag der offenen Tür des Paddelsportvereins Störtebeker zum allerersten Mal in ihrem Leben ein Paddel in die Hand nehmen, mag dies anders sein.

Theresa ist eine davon. Das aufgeweckte Mädchen erlebt an diesem Tag nach einer ausführilchen Einführung in die Grundlagen des Kanusports die ersten Momente ihres Lebens in einem Wanderkanu. Bald schon werden die Stiche des Paddels kecker. Sichtlich wächst nach den anfänglich erst zaghaften Versuchen auf dem Wasser das Vertrauen ins nasse Element - vielleicht der Beginn einer Liebe fürs Leben.

Der Verein Störtebeker Bremer Paddelsport hat zurzeit etwa 160 Mitglieder. Davon sind knapp 50 Personen unter 30. Ein weiterer größerer Block gehört zu den älteren Semestern. Einer von ihnen ist Jörg Henning, der Vereinsvorsitzende. Für ihn sei der Paddelsport neben der Möglichkeit der Ertüchtigung bis ins höhere Alter vor allem eine regelmäßige Gelegenheit, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. "Vom Wasser aus wirken alle Landschaften und Städte ganz anders als von Land aus", führt er aus. "Man sitzt im Kanu tief und ist der Natur sehr nahe."

Wie auf dem Wasser geboren

Bereits deutlich routinierter als Theresa bewegt sich Jonte in der roten Weste in seinem schnittigen Kanu. Kein Wunder, denn er ist für seine acht Jahre schon lange dabei. Energisch legt er sich in die kantig gefahrenen Wendungen zwischen den von Seilen herabhängenden Slalomstangen in der aufgebauten Trainingsanlage. Dabei wirkt er, als wäre er auf dem Wasser geboren. In gewisser Weise stimmt das sogar, denn sein Gang zum Kanusport war ihm wortwörtlich in die Wiege gelegt. Matthias, der unweit seine Runden in einer ähnlichen Anlage dreht, ist sein Vater.

Foto: Petra Stubbe - Weser Kurier

Ein wichtiger Faktor für den Verein sind Familien. So gibt es die Möglichkeit als komplette Familie einzutreten und nur einen Jahresbeitrag zu zahlen. Dieser gelte sogar für alle erwachsenen Kinder, nicht nur für Heranwachsende. 216 Euro im Jahr kostet die Mitgliedschaft für alle. Einzelpersonen zahlen 102 Euro, Schüler und Studenten 90 Euro.

Ein gutes Beispiel für den Verein als Hort einer Familie sind die Pauflers aus der Vahr. Manchem wird der Name bekannt vorkommen, denn einer ihrer Söhne ist Marcel Paufler. Er ist unter anderem amtierender deutscher Meister im Kanumarathon, eine der zahlreichen Sparten des Wettkampfsports, in denen Störtebeker stark vertreten ist. Der heute 18-Jährige erzählt selber, wie er bereits in jungen Jahren über seine Eltern am Vereinsleben teilnahm und dass dieses bis heute ein wichtiger Bestandteil seines Lebens geblieben ist. Dabei ist es nicht nur der sportliche Aspekt oder die rege Teilnahme an nationalen und internationalen Wettkämpfen. Auch ist er, wie viele weitere junge Menschen im Verein, als Übungsleiter tätig und zeigt in dieser Funktion Kindern und Jugendlichenden den Umgang in den diversen Spielarten des Paddelsportes, ob nun für Wettkämpfe oder für die Freitzeit - und da gibt es einige.

Der Verein Störtebeker ist in fast allen Disziplinen des Kanusports und des Kanuwanderns, der gemächlicheren Freizeitvariante des Sportes, aktiv. Der Wandersport wird vom Verein intensiv mit allerlei Veranstaltungen, Touren und Fahrten im regionalen Umfeld unterstützt. Ein Wanderwart kümmert sich hierbei um alle Belange dieser Sparte. Das zweite Standbein des Vereins ist die Wettkampfsparte.

 

Verschiedene Distanzen

Diese unterteile sich in verschiedene Disziplinen zählt Marcel Paufler auf. Der klassische Kanurennsport besitze ansteigende Distanzen: 200 Meter, 500 Meter, 1000 Meter und fünf Kilometer. Hinzu komme der Kanumarathon über 30 bis 32 Kilometer. Der moderene Kanumarathon basiere auf zwei Elementen: Dem eigentlichen Kanu-Wettbewerb zu Wasser sowie den Umstiegen an den Portagen. Hier verlassen die Sportler das Boot, hieven es aus dem Wasser und tragen es sprintend über eine Strecke an Land wieder ans Wasser, um dort die Fahrt fortzusetzen. "Das ist einfach ein tolles Spektakel für die Zuschauer, da dabei wirklich was los ist", begeistert sich Marcel Paufler aus eigener Erfahrung.

Jonte und Matthias sind neben Marcel Paufler Vertreter der dritten Spielart des Kanus: Wildwasserrennsport und Kanuslalom. "Leider lässt sich der Wildwasserkanusport in Bremen nur in seinen Grundlagen, bei Technik und Ausdauer trainieren", umreißt Marcel Paufler die Situation dieser Sparte im hiesigen Flachland. So würde man hierfür oft nach Süddeutschland oder gar Österreich fahren, um in Gewässern mit hoher Fließegeschwindigkeit zu trainieren. Die Slalomanlage, in der Jonte seine Runden dreht, sei eine der wenigen lokalen Möglichkeiten zum Üben des Durchfahrens der Tore - dem wiedererkennbaren Element der Disziplin. Aber auch ganz Neuem sei man aufgeschlossen: Bald werde Störtebeker auch den neuen Trend "Stand Up Paddling" anbieten, freut sich Jörg Henning kurz darauf. Der Name sagt es schon: Man bewegt sich dabei stehend auf dem schwimmenden Untersatz vorwärts.

Eben diese Vielseitigkeit zeichnet für Marcel Paufler den Kanusport besonders aus. Für jeden sei etwas dabei, und Verletzungen kämen quasi nicht vor. "Das Wasser tut nicht weh", bringt er es auf den Punkt. Zudem herrsche zwischen den Vertretern der einzelnen Sparten ein sehr harmonisches Miteinander. Vieles von dem Erwähnten konnten die Besucher, darunter viele Familien, gleich vor Ort mit fachkundiger Hilfe ausprobieren.

 

Freischwimmer können loslegen

Foto: Petra Stubbe - Weser Kurier

Zur allgemeinen Famiientauglichkeit passt auch die nicht vorhandene Altersgrenze, weder nach oben, noch nach unten. "Sobald das Kind schwimmen kann, also das Schwimmabzeichen in Bronze besitzt, kann es mitmachen", erläutert Jörg Henning, der bereits am frühen Nachmittag zwei neue Familien im Verein begrüßen durfte. Mitzubringen brauche niemand etwas, alles kann im Verein geliehen werden. Darunter auch eine große Auswahl an Booten für alle Sparten. Es können daneben aber selbstverständlich auch private Boote untergestellt werden.

Die Begeisterung für den Paddelsport ist allen Anwesenden anzumerken und eventuell begann mit Theresa vergangenen Sonnabend eine weitere Generationengeschichte, wie es sie über die Familie Paufler zu erzählen gibt. "Oft läuft es auch anderes herum, die Kinder holen ihre Eltern zum Paddelsport!", weiß Jörg Henning lächelnd aus Erfahrung zu erzählen.

Wer seinen Nachwuchs die Sportart einmal ausprobieren lassen möchte, kann sein Kind in den Sommerferien zu einem Schnuppertermin schicken. Dort können interessierte Kinder den Kanuwander- und Kanuwettkampfsport kennenlernen. Termine: 4. bis 6. Juli, 11. bis 13. Juli und 18. bis 20. Juli, jeweils von 17-19 Uhr am Bootshaus Störtebeker, Auf dem Wummenstück 2. Voraussetzung ist das Schwimmabzeichen in Bronze. Mitzubringen sind bequeme Sportklamotten (keine Jeans), Wechselklamotten, Duschzeug und eventuell eine Tüte für im Laufe des Tages nass gewordene Sachen. Die Kosten belaufen sich pro Tag auf fünf Euro.