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Doppelweltmeister im Kanu-Wildwasser der Junioren

Die diesjährigen Kanu-Wildwasser-Weltmeisterschaften der Junioren (17-18 Jahre) fanden vom 09.-13. Juli 2013 im österreichischen Lofer auf der Saalach (im Salzburger Saalachtal) statt. Mit dabei auch der 18jährige Bremer Marcel Paufler vom Störtebeker Bremer Paddelsport, der für eine doppelte Überraschung sorgte:
Er gewann den Kajakeiner Classic (= lange Strecke) in der Zeit von 10:10:88 Minuten vor dem zweiten Deutschen Finn Hartstein (Düsseldorf), der 10:14:05 Minuten für die 3,5km lange Wildwasserstrecke benötigte. Weltmeister: Die Freude war riesig, zumal Marcel kurz vor der Ziellinie beinahe gekentert wäre. Ein erschrecktes Raunen ging bereits durch die im Zielbereich versammelten Zuschauer. Doch Marcel konnte das Boot noch gerade abfangen und seinen Vorsprung bis ins Ziel retten. 14 Nationen von Australien, Kroatien, Frankreich bis zur Mannschaft aus den USA nahmen an den Weltmeisterschaften teil, die gemeinsam von Deutschland und Österreich organisiert und ausgetragen worden waren.

Der dritte Juniorenfahrer aus dem deutschen Team, Joshua Piaskowski (Fulda) kam in der Einzelwertung auf Rang 7, so dass nach der Papierform für das Mannschaftsrennen am darauffolgenden Tag eine gute Chance auf eine weitere Medaille bestand, würde alles gut gehen. Trainiert hatte das deutsche Team schon Wochen zuvor auf der Saalach, allerdings unter komplett anderen Wasserverhältnissen, kurz vor dem großen Hochwasser. Durch das Hochwasser war die Strecke teilweise gar nicht fahrbar gewesen, die Sportler waren am Ende des Trainingslagers sogar vom Hochwasser im Ort eingeschlossen und mussten ihre Abreise verschieben. Jetzt aber hatte es schon seit Tagen nicht mehr geregnet und der Wasserstand ging immer weiter zurück, so dass es galt, immer mehr Steinen und Felsen im Flusslauf auszuweichen, gegen die die starke Strömung die Athleten zu drücken drohte.

In den Mannschaftsrennen bilden jeweils 3 Kajakfahrer ein Team, der erste löste am Start die Lichtschranke aus, auf der Ziellinie wird die Zeit des letzten Fahrers gestoppt, wobei zwischen dem ersten und letzten nur ein bestimmtes Zeitlimit von maximal zehn Sekunden liegen darf. Es gilt also, die schnellste Linie zwischen den Felsen auf der kurvigen Strecke zu finden, in keiner Walze hängenzubleiben oder etwa in ein Kehrwasser einzufädeln. Für den Fall von Kenterungen wurde die Strecke an den besonders brenzligen Stellen von „Froschmännern“ (die Wasserrettung des Bayrischen Kanuverbandes /DLRG Erlangen) gesichert. Einige Stellen haben so bezeichnende Namen wie „Hubertuswalze“ oder „Teufelssteg“. Das deutsche Team zeigte sich aber gut vorbereitet - auch Mentaltrainer und Physiotherapeut trugen erheblich dazu bei - und ging hoch konzentriert ins Rennen, der Bundestrainer sowie die weiteren Betreuer riefen ihnen die Zwischenzeiten unterwegs zu, so wussten die drei, dass sie so gut in der Zeit waren, dass sie die untere schwierige Sprintstrecke (die letzten 300m vor der Ziellinie) mehr auf Sicherheit fahren konnten, um bloß nicht auf den letzten Metern noch eine Kenterung zu riskieren. Mit der Zeit von 10:26:29 Minuten wurden sie Juniorenweltmeister und hatten dabei 11 Sekunden Vorsprung vor den Zweitplazierten aus der Czechischen Republik und 23 Sekunden vor dem Schweizer Team.

Ergebnisliste Classic Einzel

Ergebnisliste Classic Team

Auf der 300m langen Sprintstrecke belegte Marcel dann am Samstag noch den 25. Platz, mit dem er sich sehr zufrieden zeigte, zumal es deutlich besser lief, als im Training und er seine Zeit vom ersten zum zweiten Lauf auch noch verbessern konnte. „Der Sprint ist nicht so ganz mein Ding,“ zeigte sich Marcel später dennoch zufrieden mit seiner Leistung. Auch der Junioren-Bundestrainer Ralf Beerschwenger war begeistert über den Medaillenregen seiner Sportler. Insgesamt gingen für den deutschen Kanuverband 12 Kanuten an den Start (Damen und Herren), die sich zuvor jeweils über die Deutschen Meisterschaften und die Ranglistenwettbewerbe für das Nationalteam qualifizieren mussten. Am stärksten wurden die Kajakdisziplinen der Damen und Herren besetzt, hier gingen jeweils vier deutsche Fahrer an den Start. Marcel startet in dieser Saison national für den PSV Braunschweig, da es hier weitere Sportler gibt, mit denen er gemeinsam auch in den Mannschaftswettbewerben an den Start gegen kann, was in Bremen leider nicht der Fall ist. So gewann er bei den Deutschen Meisterschaften die Einzelwertung (vor Finn Hartstein) und gemeinsam mit Achim Overbeck und Sören Falkenhain auch den Vizetitel in der Teamwertung bei den Herren. Bereits im vergangen Jahr hatte Marcel mit dem Gewinn der Vizeeuropameisterschaft in Solkan (Slowenien/Italien) in der Einzelwertung schon gezeigt, dass mit ihm zu rechnen ist. Doch wie konnte es eigentlich dazu kommen, dass ein Kanute, dessen heimisches Gewässer der Kuhgraben in Bremen ist, Doppelweltmeister im Wildwasser wird?

Angefangen hatte es mit einem Anruf seines Onkels Marco Paufler vor einigen Jahren, der seinen jüngeren Bruder Sven überzeugen wollte, Wildwasser mit seinem Sohn Nico und dessen Zweierpartner Tim Frait zu fahren …. Es fehlte halt der dritte Mann, wie das häufig so ist in dieser Sportart. Interessiert und begierig etwas lernen zu können, fuhren die Brüder Marcel und Sven (15 Jahre) und andere Bremer Sportler regelmäßig mit den Münchener und Passauer Kanuten in Wildwasser-Trainingslager und zu Lehrgängen mit. Auch das erste Mal im Augsburger Eiskanal herunter zu fahren, war ein großes Erlebnis für die jungen Kanuten, die vom Passauer Trainer Hans Frait dabei hervorragend betreut wurden. Er brachte ihnen bei, die Strömungsverhältnisse zu „lesen,“ natürlich gehörten anfangs auch etliche Kenterungen dazu und auch der Zeitaufwand (immer zwischen Bremen und Süddeutschland) zu pendeln, erfordert ein hohes Maß an Organisation und Absprache nicht zuletzt mit der Schule, das letzte Trainingslager vor der WM fiel bei Marcel beispielsweise mit der Vorbereitungsphase für das Abitur zusammen.

Nach den Abiprüfungen freute sich Marcel am meisten darauf, endlich noch mehr Zeit fürs Training zu haben – und fuhr gleich nach München, um bei seinem Onkel erst im Rennboot für die Deutsche Meisterschaft im September in München zu trainieren, dann im Wildwasserrennboot für die WM. Marcel ist halt kanuverrückt oder besser ein leidenschaftlicher Kanute, der sich ganz dem Kanusport verschrieben hat, egal ob nun Wildwasser, Marathon oder Rennsport. Einen Doppelweltmeister – das hatte der Verein in seiner Vereinsgeschichte bisher noch nicht, so stehen hier in Bremen alle Kopf und freuen sich mit ihm und sind sehr stolz auf „ihren Doppelweltmeister!“